Mein Weg nach Japan: Von der Fluggerätmechanik zum Kimono

von Anji Salz
© Anji Salz

Viele Wege führen nach Japan, manche etwas langfristiger als nur bei einer Japanreise: In diesem persönlichen Artikel berichtet unsere Autorin, wie sie nach Japan ausgewandert ist und ihr Leben nochmal von null aufgebaut hat.

Mit Japan hatte ich eigentlich nie etwas am Hut. Natürlich hatte auch ich diverse japanische Zeichentrickserien als Kind gesehen, jedoch niemals das Land, das hinter diesen steckte, am anderen Ende der Weltkugel bewusst wahrgenommen. All das änderte sich, als ich ca. 18 Jahre alt war.

Metal und Rockmusik waren schon lange Bestandteil meines Lebens. Als jedoch mein damaliger Freund mit der CD einer Visual Kei-/J-Rock-Band im Gepäck nach Hause kam, änderte sich schlagartig alles. Ich verwandelte mich in ein Fangirl und war so begeistert von dieser neuen Musik, dass außer japanischem Rock bald kaum noch etwas anderes an meine Ohren kam. Die japanische Sprache, die völlig anders ist als die deutsche, fand ich schließlich so interessant, dass ich anfing, sie als Hobby zu lernen.

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Da ich in Hamburg bei AIRBUS als Fluggerätmechanikerin im Schichtdienst arbeitete, war eine Einschreibung in der Sprachschule nicht wirklich denkbar und ich deckte mich eigenständig mit japanischem Lernmaterial ein. Jeden Tag lernte ich Stück für Stück in der Mittagspause oder auf dem Weg zur Arbeit mit meinen Lern- und Hörbüchern. Da die Motivation nicht zu schwinden schien, suchte und fand ich auch einen Tandempartner, mit dem ich einen Sprachaustausch startete. Der erste Kandidat für diese Aufgabe ist heute mein Mann! Mit ihm lernte ich allerdings nur am ersten Tag. Wir wurden erst Freunde, bevor sich die Beziehung dann weiterentwickelte. Einmal pro Woche lernte ich mit einem anderen Japaner.

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Abgesehen von der Sprache selbst, fand ich natürlich plötzlich alles an Japan interessant, sodass ich bald meine erste Reise antrat. Für einen Monat bereiste ich während der Kirschblütenzeit Japans Städte und ländliche Regionen. Die folgenden Jahre waren nicht einfach. Nachdem mein Partner und ich eine Zeit in Deutschland zusammen lebten, wurden wir später mit 1,5 Jahren Fernbeziehung zwischen Deutschland und China auf die Probe gestellt.

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Da wir seit meiner ersten Japanreise fast alle sechs Monate in Japan waren, konnte ich mir das Land langsam auch als neuen Lebensraum vorstellen. Meine Arbeit war rund herum sicher und zufriedenstellend, aber den immergleichen Alltag zu haben bis ich grau würde, das konnte ich mir dann doch nicht vorstellen. Das Abenteuer Auswandern reizte mich so sehr, dass ich fast mein komplettes Hab und Gut verkaufte und im Dezember 2010 mit nur einem Koffer und dem Working Holiday Visum nach Tōkyō auswanderte. In meinem Umkreis reagierten viele geschockt und meinten, ich würde diesen Schritt schnell wieder bereuen.

Diese Fragen sollten Sie sich stellen, bevor Sie nach Japan auswandernNach Japan auszuwandern bedeutet, ein vollkommen neues Leben anzufangen. So erwarten Sie neben den vielen schönen, aufregenden Dingen auch j...19.02.2019

Mein Partner lebte und arbeitete zu der Zeit noch immer in Shanghai, so kam ich erst einmal bei seinen Eltern in Tōkyō unter. Mit meinen japanischen Sprachkenntnissen, die für leichte Konversation und den tagtäglichen Gebrauch ausreichten, war es schwierig, gute Arbeit zu finden. Nach drei Monaten hatte ich dann aber einen Job in der Tasche: Eine Bürotätigkeit bei einer deutschen Firma, jedoch mit 90% der Arbeit auf Japanisch in einem fast ausschließlich japanischen Team.

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Kurz bevor ich 2011 meine Arbeit jedoch antreten konnte, wurde Japan von dem schweren Erdbeben erschüttert; das Kraftwerk in Fukushima explodierte genau an meinem Geburtstag. Es war keine einfache Zeit, vor allem mit der Sorge meiner Angehörigen in Deutschland.

Nachdem sich die Lage wieder weitestgehend beruhigt hatte, begann ich meinen Alltag in meinem eigenen Apartment. Nicht allzu viel später kehrte mein Mann zurück nach Japan und wir heirateten.

Zwei Jahre in meinem Job waren jedoch genug um herauszufinden, dass ich mir mein Leben so nicht vorgestellt hatte. Ich kündigte und erlebte meine kleine Quarter-Life-Crisis bevor ich nach ein wenig jobben und kreativer Arbeit endlich meine Leidenschaft fand: Kimono!

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