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Der japanische Stirnwaffenträger: Mysteriös-niedlicher Serau

Sina Arauner
Sina Arauner

Ziege, Antilope oder Wildschwein?! Der japanische Serau ist geheimnisvoll und wenig erfoscht, zählt aber seit 1955 zu den besonderen Naturdenkmälern Japans. Er ist einheimisch auf Honshū, Shikoku und Kyūshū - und ziemlich putzig.

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Mutter und Junges begegnen dem Fotografen im Wald mit wachsamer Neugier. (c) ヤン提督 / Wikimedia Commons CC BY-SA 3.0

Der japanische Serau (nihon kamoshika 日本羚羊) trägt viele Spitznamen: Felshirsch (iwa shika 岩鹿), tanzendes Biest (odori jishi 踊り獣) und Phantom-Tier (maboroshi no dōbutsu 幻の動物), um nur einige zu nennen.

Die meisten verdankt er seiner Agilität und Sprint-Fähigkeit auf felsigem Bergterrain. Für diese ist der Serau so berühmt, dass er als Metapher für schnelle und dennoch elegante Athleten eingesetzt wird. Statt „so flink wie eine Gazelle“, ist man in Japan eben „Serau-gleich“ (kamoshika no yō カモシカのよう).

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Wegen des dunklen Fells trägt der japanische Serau unter Jägern auch den Spitznamen „Kuro“, „der Schwarze". (c) Norihiro Kataoka / flickr CC BY-SA 2.0
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Im Schnee ist der Serau genauso flink wie auf bergigen Felsen. (c) Yoichiro Uno / flickr CC BY-SA 2.0

Neugieriger Einsiedler oder krimineller Störenfried?

Der japanische Serau ist weitestgehend als Einsiedler unterwegs. Nur gelegentlich treten sie als Pärchen auf. Lediglich Jungtiere sind für die ersten drei Lebensjahre in Begleitung ihrer Mutter.

Wegen seines in die Berge und Wälder zurückgezogenen Lebensraums und dem Meiden von Menschensiedlungen gilt der Serau als Einsiedler, umhüllt von einer Aura des Mystischen. Auch die prägnanten Vorderaugendrüsen stärken dieses Bild: Die Drüsen unter den Augen erscheinen wie Tränen und verleihen dem Serau ein Antlitz der konstanten Trauer.

Begegnet dem Serau jedoch ein Mensch in seinem Territorium, beobachtet das Tier den Mensch mit wachsamer Neugier. Unter Förstern hat er auch den Beinamen Herr Regisseur erhalten, der das Treiben der Förster und Waldarbeiter beobachtet.

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Der Serau ist ein Einzelgänger, der sein Territorium durch die Absonderung eines Sekrets aus Drüsen unter den Augen markiert. (c) Ken Ishigaki / flickr CC BY 2.0

Besonders jedoch in seiner Eigenschaft als Herbivor wird dem Serau eine fast schon kriminelle Natur zur Last gelegt: Als Futterquelle dienen dem Serau Sämlinge von Waldbestand und Baumschulen. In Medien wurde gar über den „Serau-Krieg“ berichtet, Tierschützer sahen sich mit der Frage „Mensch oder Serau: Wer ist wichtiger“ konfrontiert.

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Der japanische Serau scheut zwar größere menschliche Siedlungen, ist jedoch beim Überqueren von Straßen öfter dem menschlichen Verkehr ausgesetzt - hier darum ein Warnschild. (c) tsuda / flickr CC BY-SA 2.0

Der Serau in der japanischen Kultur: Von der Ausrottung zum Nationalsymbol

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Der japanische Serau zierte 1952 eine 8-Yen-Briefmarke.

Bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts wurde der japanische Serau unter anderem wegen seinem wasserabweisenden Fell und Fleisch gejagt. Auch unter Förstern wurde der Herbivor als Störenfried wahrgenommen, der Baumbestände beschädigt, und das Tier wurde bis an den Rand der Ausrottung gejagt.

Seit der japanische Serau 1955 von der japanische Regierung als besonderes Naturgut deklariert wurde, hat sich der Bestand der frei lebenden Tiere wieder erholt. Der Serau hat außer dem Kragenbären, der meist kleinere Tiere jagt, keine natürlichen Feinde und gilt inzwischen nicht mehr als vom Aussterben bedroht.

Als vermeintliches Relikt der Entstehungszeit der japanischen Inseln hält der japanische Serau inzwischen eine Art Nationalcharakter inne: Diverse Gemeinden haben den japanischen Serau als Symbol der Gemeinde adoptiert.

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