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Harmonie und wahrer Ton: Japanische Verhaltens-Basics

Matthias Reich
Matthias Reich

When in Rome do as the Romans do – Dieser Leitsatz für Reisende zeigt, wie wichtig es ist, die Regeln vor Ort einzuhalten. Auch in Japan fährt man damit gut.

Verhalten Japan
Enges Zusammenleben erfordert verlässliche soziale Regeln. ©Janz

Natürlich sind sich auch Japaner bewusst, dass der vor ihnen stehende gaikokujin (外国人) (Ausländer) nicht vollständig mit den japanischen Gepflogenheiten vertraut sein dürfte. Daher gibt es eine gewisse Toleranz. Die Toleranzgrenze ist aber von Mensch zu Mensch unterschiedlich und sollte nicht überstrapaziert werden. Um gängige Fettnäpfchen zu vermeiden, erfahren Sie in diesem Artikel nützliche Verhaltens-Tipps für Ihren Japan-Aufenthalt. Und auch Ihre japanischen Freunde und Kollegen werden Sie danach besser verstehen!

Wa – Harmonie als japanisches Ideal

In Japan hat die Harmonie, wa (和), eine sehr große Bedeutung. Und die gilt es zu wahren. Wenn es einmal Probleme geben sollte, so macht es keinen Sinn, laut zu werden oder wild zu gestikulieren. Nach außen werden stets Harmonie und Einigkeit gezeigt, selbst wenn beides nicht vorhanden sein sollte. Diese Regel wird auch Ausländern gegenüber nicht gebrochen. Ein Gesichtsverlust, also jemanden bloßzustellen, sollte unbedingt vermieden werden.

Hier spielen honne (zu deutsch etwa der wahre Ton) und tatemae (sinngemäß das Vordergründige) eine große Rolle. Es handelt sich um zwei unterschiedliche Verhaltensweisen, je nachdem, mit wem man es zu tun hat. Das wahre Selbst, honne, zeigt man nur der Familie und Freunden. Das Verhalten in der Öffentlichkeit, tatemae, ist dezenter und dem sozialen Kontext wie Hierarchien usw. angepasst.

In den Nihonjinron (日本人論), den Diskursen über die angebliche Einzigartigkeit der Japaner, werden das Streben nach Harmonie sowie honne und tatemae oft als psychologische Charakteristika aufgeführt, die angeblich nur auf Japaner zutreffen sollen. Zwar gibt es im Japanischen eigene Begrifflichkeiten für die Unterscheidung zwischen öffentlichem und privatem Ich. Das zugrundeliegende soziale Konzept existiert aber auch in anderen Gesellschaften – Im Deutschen zum Beispiel beim Duzen und Siezen.

Klischee: Gruppenorientiertheit der Japaner

Leben und Arbeiten in Gruppen ist allgegenwärtig. Individualismus – das sogenannte gaden insui, Umleiten von Wasser auf das eigene Reisfeld – ist verpönt. Dies verdeutlichen auch Sprichwörter wie deru kui wa utareru (出る杭は打たれる) – herausstehende Nägel werden eingeschlagen. Allerdings: Diese Dinge unterliegen gerade einer sichtbaren Veränderung. Individualismus setzt sich mehr und mehr durch.


Der Artikel von Matthias Reich erschien auf dem Blog Tabibito. Für die Online-Ausgabe nachbearbeitet wurde er von Hannah Janz.

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